Erfolgsrezept KMU – Von Kapital zu Mehrwert

Erfolgsrezept KMU – Von Kapital zu Mehrwert

Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s.»


Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s.» Allzu oft wird dieser Satz aus Thomas Manns grossem Roman «Die Buddenbrooks» zitiert, um hartnäckige Klischees rund um familien­ geführte Unternehmen zu unterstreichen. Solche agierten träge und behäbig, heisst es – und zu vorsichtig. Entscheidungen würden weniger professionell getroffen als in von Managern geführten Firmen. Nachfolgende Generationen verstünden sich besser im Geldausgeben als im Geldverdienen.

In der Schweiz widerlegen unzählige Erfolgs­ geschichten diese Vorurteile. Transgene­ rationelle Familienunternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der hiesigen Wirt­ schaft – indes gilt es durchaus einige Klip­ pen zu umschiffen. Nicht zuletzt in Vermö­gensfragen.

Die ersten beiden Teile unserer Trilogie zeigten auf (TREX 6/2019 und TREX 1/2020), welchen Beitrag die Familie und das Unternehmen an das Gelingen eines transgenerationalen Familienunternehmens leisten können. Im vor­ liegenden dritten Teil nehmen wir die Kapitaldimension unter die Lupe und erläutern, welche Massnahmen sich lohnen und Mehrwert schaffen.

1. Tabus um das liebe Geld

Rund 60 bis 70 Milliarden Franken werden in der Schweiz jährlich vererbt. Der Vermögens­ transfer birgt Risiken, denn Nachfolgegeneratio­ nen ticken anders. Sie hinterfragen finanzielle Entscheide ihrer Eltern und fordern mehr Kom­ munikation. So sieht es auch das Netzwerk Young Investors Organisation (YIO). 2018 hat es rund 200 Mitglieder einflussreicher Unter­ nehmerfamilien sowie deren Angehörige befragt. Einer der Befunde: Auch Wohlhabende betrach­ ten Geld bis zu einem gewissen Grad als Tabu­ thema. Jüngere Mitglieder– die Next Genera­ tion – wünschen sich aber einen verstärkten generationenübergreifenden Dialog. 59 Pro­ zent der Befragten gaben an, sie würden gerne offener über Vermögen sprechen. Mehr als zwei Drittel gingen davon aus, dass ihre Fami­ lien von einer besseren Kommunikation pro­ fitieren würden.

Unser Verständnis von Geld hat einen wesent­ lichen Einfluss darauf, wie wir Vermögen verwal­ ten, es an künftige Generationen weitergeben und damit leben. Wirtschaftswissenschaftlern zufolge ist Geld ein Tauschmittel – wie einst Per­ len oder Metallstücke. Geld ist ein Wertspeicher und hat per se nichts mit Gefühlen oder Emp­ findungen zu tun. Wohlhabende bemühen sich, ihr Vermögen neutral zu betrachten. Sie versu­ chen zu verhindern, dass Geld sie bestimmt. Indes stellen sie auch fest, dass Vermögen mehr als Geld sein kann: Nicht nur Wertspeicher, son­ dern eben auch Wertespeicher.

2. Identität als Basis für generationenübergreifende Prosperität

Zahlreiche Familien organisieren sich, um gemeinsame Bedürfnisse und interessante Per­ spektiven zu teilen. Regelmässige Treffen ent­ wickeln sich, um das Vergnügen, die Kommu­ nikation, die Geschichte, die Bildung und damit die Identität der Familie zu stärken. Aufklärung in Kindererziehung, Philanthropie und Finanz­ bildung vermittelt der Familie Kompetenz und Selbstvertrauen. Der Austausch von Erfahrun­ gen im Familienkreis ist angenehm und moti­ vierend.

Viele Familien entwickeln ihre eigenen Vor­ stellungen über die Bedeutung von Geld. Sie schaffen eine Philosophie zur Rechtfertigung ihres privaten Vermögens sowie Strategien zur Erweiterung ihres Erbes. Sie identifizieren die

Herausforderungen ihrer Privilegien, die not­ wendigen Fähigkeiten im Umgang mit Geld sowie die Ziele zur Vermehrung, zum Erhalt und zur Aufteilung des Vermögens.

Kinder messen die Liebe ihrer Eltern häufig – wenn auch unbewusst – daran, wie viel davon sie im Vergleich zu ihren Geschwistern erhal­ ten. Heisst das, dass Vermögen nur zu gleichen Teilen an sie weitergegeben werden darf? So sehr Eltern auch versuchen, alle gleich zu behandeln: Einige Vermögensgüter können nicht einfach geteilt werden, ergo lassen sich Kinder langfristig nicht gleichstellen. Zudem gehen gewissen Menschen bei ihren Anlagen mehr Risiken ein, andere haben einen einfa­ chen Lebensstil; wieder andere besitzen beson­ dere Begabungen. Ferner haben einige mehr Kinder als andere.

Vielmehr geht es darum, wie Entscheidungen für die Vermögensübertragung getroffen werden. Gerechtigkeit kann erreicht werden, indem Kinder in die Entscheidung einbezogen und ihre Wahl und ihr Engagement respektiert werden. Oder aber, indem man Möglichkeiten findet, wie sie unabhängig von der Höhe ihres Erbes ein glück­liches Leben führen können.

3. Nachfolgegeneration auf Umgang mit Vermögen vorbereiten

Wie aber gelingt es, die Nachfolgegeneration auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Fami­ lienvermögen vorzubereiten? Ein bewährtes Mittel ist, Kindern ein bestimmtes Vermögen beziehungs­ weise einzelne Unternehmensanteile auf ein Sperr­ konto zu überweisen und ihnen mit der Volljährigkeit Zugang zu den Erträgen zu geben, nicht aber zum Kapital. Wofür sie das Geld nutzen, obliegt ihrer Ver­ antwortung – sei es als Startkapital für eine unter­ nehmerische Aktivität oder für eine tolle Reise. Darüber hinaus stossen folgende Lehren (vgl. Abbildung 1) bei finanziellen Fragestellungen auf breite Zustimmung – dies unabhängig von der Tatsache, dass jede Erziehungssituation anders ist und Eltern ihre eigenen Philosophien haben.

4. Unterschiedliche Lebenszyklen führen zu differenzierten Frage­stellungen

Vorab empfiehlt sich eine Analyse der unter­ nehmerischen Ausgangslage. Hierzu sind die finanziellen Erkenntnisse abzuleiten und die ent­ sprechenden Ziele zu definieren. Analog zum Zeithorizont der familiären und unternehmeri­ schen Stossrichtung gilt es die finanziellen Ziele zu priorisieren. Dabei sind verschiedene Zeit­ horizonte sinnvoll: eine kurzfristige Perspektive (weniger als zwölf Monate), eine mittelfristige (zwei bis fünf Jahre) sowie eine langfristige (über Generationen). Zur Analyse der Ausgangslage eignet sich das Vier­Dimensionen­Modell für Familienunternehmen (vgl. Abbildung 2). Abhängig vom Lebenszyklus des Unternehmens ergeben sich strukturelle Herausforderungen, aber auch Chancen. Nachfolgend zeichnen wir vier gängige Szenarien nach, wie sie in der Pra­ xis vorzufinden sind.

Ist eine Firma erfolgreich aufgebaut, kommt irgend­ wann die Frage der Nachfolge auf. Nach wie vor stellen wir fest, dass familieninterne Lösungen nach Möglichkeit bevorzugt werden. Da in die­ sem Zyklus das erste Mal eine Übertragung der eigenen Herzensangelegenheit ansteht, gilt es besonders viele Untiefen zu umschiffen. So ist auch den unterschiedlichen Rollen der Beteilig­ ten besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da diese für den Erfolg beziehungsweise Misserfolg verantwortlich sind. Dabei widmen wir uns ins­ besondere der Frage, welche Erwartungshaltun­ en dazu führen können, dass Inhaber die Über­ gabe oftmals hinauszögern. Um die Frage zu beantworten, betrachten wir drei verschiedene Perspektiven: Jene des Inhabers, jene des Ehe­ partners sowie jene der Nachfolgegeneration:

Zugegeben, das Loslassen des Lebenswerks ist keine einfache Aufgabe. Noch anspruchs­ voller ist die Planung und Aktivierung des drit­ ten Lebensabschnitts. Dieser Prozess kann gut und gerne zwei bis drei Jahre in Anspruch neh­ men, schliesslich gilt es rund 2000 Stunden mit neuem Lebensinhalt auszufüllen. Nichtsdestotrotz stellt sich folgende Frage: Haben die Eigentümer eine Alternative? Für jede/n Inhaber/­in und jede/n Unternehmer/ ­in kommt der Zeitpunkt, an dem er / sie sich diese Schlüsselfragen stellen muss:

(1) Will ich zusammen mit meinem Unternehmen gehen oder

(2) soll mich mein Lebenswerk überdauern?

Keine Entscheidung zu treffen bedeutet, dass man sich auf dem Weg der Variante 1 befindet. Unbewusst kann der Inhaber implizite Signale an Nachfolger senden. Sie können wie folgt klingen: «Sei mein/e Nachfolger/­in, respek­ tiere die Tradition, werde gross – aber überhole mich nicht.»

Perspektive des Ehepartners

Oftmals signalisieren Ehepartner, dass sie mit dem Unternehmen wenig zu tun haben und der / die Inhaber/­in es schon richten werde. Immer wieder stellen wir jedoch auf den zwei­ ten Blick fest, dass sie im Hintergrund eine wichtige verbindende Rolle innerhalb der Familie einnehmen. Implizit senden sie Signale

wie folgende an die Nachfolgegeneration aus: «Sei glücklich, mach was du willst, aber ver­ letze deine/n Vater/Mutter nicht!»

Perspektive der Nachfolgegeneration
Für Kinder von Familienunternehmern stellen sich viele Fragen: Wie weiss ich, ob ich will oder nicht? Woher weiss ich, ob ich das Zeug zum Unternehmer / zur Unternehmerin habe? Wel­ che Erwartungen hat die Familie? Hierbei emp­ fehlen wir Kindern, eine eigene und unab­ hängige Standortbestimmung für sich selbst vorzunehmen und sich bei Bedarf beraten zu lassen. Spezifische Assessments für den Ein­ tritt ins Familienunternehmen können beim Entwickeln der Szenarien ebenfalls hilfreich sein. Für die nachfolgende Generation geht es oft zu wenig schnell voran und sie sendet Sig­ nale, die so oder ähnlich tönen: «Nur wenn ich es selbst gestalte, kann es erfolgreich werden.» Viele Faktoren spielen bei der Gestaltung der gemeinsamen Zukunft eine Rolle. Sie müs­ sen in Einklang miteinander gebracht werden, gefragt ist eine ganzheitliche Lenkungsform oder Governance – für Familie, Unternehmen und Vermögen (vgl. Abbildung 3).

Fragen der einfacheren Unternehmensbewer­ tung stellen sich erfahrungsgemäss bei den ers­ ten Generationen, während bei fortgeschrittenen Generationen oftmals vertieftere Werkzeuge im Einsatz sind, welche unternehmensspezifische Bewertungsmodelle bedingen. Widmen wir uns nun der zentralen Frage: Wie viel ist die Firma wert? Bei jeder Nachfolgelösung ist ein Preis fest­ zulegen. Die methodische Bewertung gehört jedoch zu den schwierigsten Aspekten, denn oft haben Verkäufer und Käufer unterschiedliche Wertvorstellungen. Nachfolgend ein Überblick über verschiedene Methoden:

1. Substanzwertmethode

Hier geht es um die Substanz. Der Wert errech­ net sich anhand des Vermögens des Unter­ nehmens abzüglich der bewerteten Schulden. Der Wert ergibt sich folglich anhand der effek­ tiv vorhandenen Werte. Nicht berücksichtigt wird Immaterielles wie Potenziale, künftige Einnahmen, vorhandene Partnerschaften mit Kunden und Lieferanten oder das Know­how von Mitarbeitenden.

2. Ertragswertmethode

Diese Methode fokussiert sich ausschliess­ lich auf Ertragsströme. Folglich geht es um Gewinne oder Cashflows, welche die Firma in Zukunft erwirtschaften wird, sowie die damit verbundenen Renditeerwartungen und Risi­ ken. Zur Berechnung des Ertragswerts pro­ gnostiziert man die Ertragsströme für die nächsten zwei bis fünf Geschäftsjahre ab Bewertungsstichtag.

3. Praktikermethode

Hier werden Substanzwert und Ertragswert­ methode kombiniert, entsprechend ist auch die Rede von der Mittelwertmethode. In der Schweiz wird der Ertragswert üblicherweise doppelt gewichtet, der Substanzwert einfach. Der so ermittelte Durchschnitt bringt Vermö­ genswerte und Ertragskraft zusammen. Die Praktikermethode erweist sich vor allem für kleine Unternehmen als nützlich und ergibt in der Regel gute Schätzwerte.

4. DCF­Methode – Discounted Cashflow

Mit dieser Methode wird der künftige Ertrags­ wert auf Basis des Free Cashflow nach Steu­ ern prognostiziert. Das zeigt auf, mit welchen Erträgen ein Investor oder Käufer rechnen kann. Nachdem die zu erwartenden Free Cashflows hergeleitet sind, werden sie auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst. Bei hohen Gewinnerwartungen können enorme Firmen­ werte entstehen, die sich aber letztlich am Markt nicht realisieren lassen. Eine plausible und realistische Einschätzung ist deshalb uner­ lässlich. Die Methode eignet sich vor allem für etablierte Unternehmen, die seit Jahren einen kontinuierlich wachsenden Gewinn erwirtschaf­ ten. Viele Fachleute bezeichnen die DCF­ Methode als beste Methode. Allerdings setzt sie voraus, dass eine qualitativ gute Mittelfrist­ planung besteht.

Fazit: Planen Sie vermehrt Ihr Leben und weniger Ihren Nachlass

«Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt.» Otto von Bismarck (1815 – 1898)

Und nochmal so ein polemisches Zitat – wie schon am Anfang dieses Textes. Weder der Erzähler in Thomas Manns Roman noch Reichskanzler Otto von Bismarck schien Familien und ihren Unternehmen wirklich zu trauen.

Viel gilt es bei der Vermögensübertragung zu beachten (vgl. Abbildung 4). Einiges ist offensicht­ lich, anderes weniger. Letzten Endes ist alles wich­ tig, um eine effektive, nachhaltige Familienunter­ nehmung sicherzustellen. An die technischen Aspekte denkt man häufig zuerst, denn sie sind leichter zu handhaben. Die komplexen und schwierigen Fragen betreffen die vermögenden Personen selbst. Wie viel soll weitergegeben und wie viel für den Ruhestand beiseitegelegt werden? Wann ist ein guter Zeitpunkt dafür? Wie viel sollen

welche Kinder erhalten? Wie viel soll für gemein­ nützige Zwecke gespendet werden? Wer soll das Familienunternehmen übernehmen? Familieneinheit bedeutet nicht automatisch Fami­ lienharmonie. Oftmals ist es herausfordernd, wenn zwei oder drei Generationen an einem Tisch sitzen und das Thema Vermögensübergabe besprechen. Ein externer Moderator kann sich in einem solchen Prozess als hilfreich erweisen.

Planen Sie vermehrt Ihr Leben und weniger Ihren Nachlass. Diesen Rat geben wir Ihnen mit auf den Weg. Wer sich wünscht, dass die jüngere Gene­ ration einen vernünftigen Umgang mit einem gros­ sen Vermögen lernt, muss ein gutes Vorbild sein. Ein normales Leben zu führen, auch wenn man

über ein grosses Vermögen verfügt, fällt vielleicht nicht jedem leicht.
Indem Eltern Kindern die richtigen Werte vorle­ ben, indem Familienunternehmen die richtigen Governance­Strukturen aufbauen und frühzeitig mit dem Bildungsprozess der nachfolgenden Generationen beginnen: So ist gewährleistet, dass solche KMU auch in Zukunft die solide Basis unse­ rer Wirtschaft bilden. So lassen sich unschöne Szenarien vermeiden, wie sie von Bismarck oder in den «Buddenbrooks» beschrieben sind.

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