Erfolgsrezept KMU – Teil 1: Königsdisziplin Familie

Erfolgsrezept KMU – Teil 1: Königsdisziplin Familie

Der dreiteilige Fachbeitrag «Erfolgsrezept KMU» zeigt auf, wie sich Unternehmen fit für die Zukunft trimmen.


Der dreiteilige Fachbeitrag «Erfolgsrezept KMU» zeigt auf, wie sich Unternehmen fit für die Zukunft trimmen. Teil 1 widmet sich der Königsdisziplin Familie – dies im Kontext, dass familiengeführte Unternehmen stets nur so erfolg- reich sind wie ihre Eigentümer. Nicht zuletzt der Übergang auf eine neue Generation enthält einige Klippen. Mittels gut geplanter Family Governance lassen sie sich elegant umschiffen.

Seit der Finanzkrise von 2007 erleben familien- geführte Unternehmen eine Renaissance. Ihre Erfolgsgeschichten haben die schlechten News jener Zeit verdrängt. Dadurch ist ihre volkswirt- schaftliche Bedeutung wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Spätestens seitdem ist klar: Es gibt keinen Grund, sich als inhaberge- führtes Unternehmen oder als Familienbetrieb zu verstecken – im Gegenteil. Entsprechend

wichtig ist, dass das Bestehen solcher wirtschaft- lichen Perlen dank einer umsichtigen Planung langfristig gewährleistet ist. Dieser Thematik nimmt sich der vorliegende Beitrag an. Er ist der erste Teil des Fachbeitrags «Erfolgsrezept KMU», der in drei Teilen im TREX erscheint. Der zweite Teil wird das Thema «Fitnessprogramm für fami- liengeführte KMU» ausleuchten, im dritten geht es um «Kapital – von Geld zu Mehrwert».

Wer über Generationen Mehrwert schafft, tut dies oft mit einer vorausschauenden Familien- und Unternehmensgestaltung. Eine solche enthält Fra- gen wie diese: Womit beschäftigen sich Eigentümer bei der erfolgreichen Ausrichtung des Unterneh- mens? Wo stehen wir heute als Inhaber (Familie)? Welche Pläne haben die einzelnen Gesellschafter? Wohin wollen wir mit unserem Unternehmen? Wo stehen wir mit unserem Finanzkapital? All das sind essenzielle und komplexe Themen. Sie beschäfti- gen Inhaber bei der professionellen Planung und Gestaltung der Zukunft. Für sie eine gemeinsame und von allen Familienmitgliedern unterstützte Aus- richtung zu finden, ist eine der herausforderndsten und gleichzeitig wertstiftendsten Aufgaben. Immer mehr Inhaber haben die unternehmeri- sche Wichtigkeit der Familienbande erkannt und investieren zunehmend in sie.

Was ist ein Familienunternehmen?

Vorab gilt es, den Begriff klar abzustecken. Familienunternehmen sind in fast allen Wirt- schaftszweigen anzutreffen. Doch was genau Professionalität wird primär im Unter- nehmen gefördert
Professionelle Unternehmerfamilien sind sich der Bedeutung der integralen Organi- sation, Struktur und Prozesse der Familie bewusst und leben danach.

4. Mangelnde Akzeptanz des Beraterstabs durch die Nachfolgegeneration

Die nächste Generation wünscht sich objek- tive und interessenfreie Unterstützung in der Anhörung und Entwicklung ihrer Ziele und Prioritäten.

5. Vernachlässigung der Familienzeit

Regelmässige und neutral moderierte Fami- liensitzungen sichern rechtzeitige Dialogbe- reitschaft und bewahren die Handlungsfrei- heit.

6. Fehlende Werkzeuge / Best Practices

Zugang zu strategischer, methodischer, technologischer und umsetzungsorientier- ter Expertise macht dynamisch.

7. Fehlende Gesellschafterkompetenz

Einbindung und Befähigung von Familien- mitgliedern und Schlüsselpersonen erlau- ben schnelle und professionelle Entscheide.

Der Family-Governance-Prozess – die Familie als Orchester

Mit Blick auf diese Stolpersteine scheint die Aus- gangslage nicht eben einfach. Wie kann unter die- sen Voraussetzungen das Zusammenspiel zwi- schen Familie und Unternehmen gelingen? Die Lösung heisst Family-Governance-Prozess. Family Governance bedeutet die übergreifende Steuerung und Organisation von Familie, Unter- nehmen, Vermögen und individuellen Interes- sen. Sie hat zum Ziel, die Synchronisation und Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken, was dem Fortbestand dient. Jedes Familienun- ternehmen ist einzigartig. Diese Einzigartigkeit macht seine Stärke aus – sofern man um sie weiss und diese nutzt.

«Family Governance bedeutet die übergreifende Steuerung und Organisation von Familie, Unternehmen, Vermögen und individuellen Interessen.»

Die Bedürfnisse von Familienmitgliedern kön- nen sich mit der Zeit auseinanderentwickeln. So kann es dazu kommen, dass die finanziellen Erwartungen der wachsenden Familie länger- fristig die Möglichkeiten des Unternehmens übertreffen. Hier ist es zentral, dass die Familie ihre Bedürfnisse mit den Unternehmenszielen abstimmt. Von Bedeutung ist überdies ein pro-

ist darunter zu verstehen? In der Forschung und in der breiten Öffentlichkeit gibt es keine ver- bindliche Antwort. Hinsichtlich der Beschäf- tigten oder des Umsatzes sind Familienunterneh- men nicht an eine bestimmte Grösse gebunden, auch in Sachen Rechtsform gibt es keine Vor- gaben. Immerhin gibt es seit 2007 folgende Definition der Europäischen Union:

«Ein Unternehmen beliebiger Grösse ist ein Fami- lienunternehmen, wenn
1. sich die Mehrheit der Entscheidungsrechte

im Besitz der natürlichen Person(en), die das Unternehmen gegründet hat / haben, der natürlichen Person(en), die das Gesell- schaftskapital des Unternehmens erworben hat / haben oder im Besitz ihrer Ehepartner, Eltern, ihres Kindes oder der direkten Erben ihres Kindes befindet, und

2. die Mehrheit der Entscheidungsrechte direkt oder indirekt besteht und/oder

3. mindestens ein Vertreter der Familie oder der Angehörigen offiziell an der Leitung bzw. Kontrolle des Unternehmens beteiligt ist.»

Börsennotierte Unternehmen entsprechen der Definition unter folgenden Bedingungen: Die Person, welche das Unternehmen gegründet oder das Gesellschaftskapital erworben hat – bzw. ihre Familien oder Nachfahren – halten aufgrund ihres Anteils am Gesellschaftskapital 25 Prozent der Entscheidungsrechte.

Diese Definition umfasst auch Familienunterneh- men, welche die erste Generationenübertragung noch nicht vollzogen haben. Sie schliesst ferner Einzelunternehmer und Selbständige ein –

sofern eine rechtliche Einheit besteht, die über- tragen werden kann.

Die sieben Stolpersteine

Unternehmerfamilien sehen sich mit einer poten- zierten Komplexität konfrontiert: Das Zusammen- spiel von Familie und Unternehmen ist eine grund- legende Herausforderung. Diese gilt es gemeinsam und in einem fairen Prozess zu meistern. Der Pro- zess gelingt dann, wenn Familien bereit sind, die separate und oft unvollständige Betrachtung der vier relevanten Kernbereiche Unternehmen – Kapital – Familie – Individuum aufzuheben.

Die Kunst liegt darin, die vier Dimensionen so abzustimmen, dass sie zueinander in Einklang stehen. Das reduziert die Komplexität, sorgt für mehr Leichtigkeit und eine tragfähige Zukunfts- planung (vgl. Abbildung 1).

Sieben Stolpersteine erschweren den Weg in eine langfristig gesicherte Zukunft (vgl. Abbil- dung 2):


1. Planung startet erst in schwierigen Zeiten

Die nachhaltige Orchestrierung der Unter- nehmerfamilie ist ein fortlaufender Prozess und soll in «guten» Zeiten starten.

2. Silodenken vermeiden

Eine nach innen fixierte und isolierte Betrach- tungsweise – das sogenannte Silodenken – ist zu vermeiden. Wichtig ist es, die vier Kerndimensionen Familie, Unternehmen, Kapital und Individuum vernetzt zu beleuch- ten. Das schafft eine solide Basis für trag- fähige Entscheide.

ben gelten für den Verwaltungsrat? Welches sind die finanziellen Zielsetzungen? Wie ist die Mit- arbeit von Familienmitgliedern im Unternehmen geregelt? Darüber hinaus behandelt eine robuste Auslegeordnung Inhalte zum unternehmeri- schen Wachstum, zur Einstellung zu Risiken und zur Finanzierungsstruktur. Meist sind das hoch emotionale Fragen. Die Eignerstrategie dokumentiert damit die Familien, ihre Zielset- zungen und Grundsätze als Eigenkapitalgeber und verpflichtet sie, danach zu handeln.

Die Familienverfassung wie auch die Eignerstra- tegie enthalten keine rechtliche Bindung, durch die gemeinsame Entwicklung entsteht jedoch eine moralische Bindung und bildet daher oft die Grundlage für den Aktionärbindungsvertrag. Die Antworten seitens der Eigentümer sollte jeder Geschäftsführer kennen – egal, ob Fami- lienmitglied oder externer Manager. Auch klei- nere Familienunternehmen sollten sich früh- zeitig mit solchen Fragen beschäftigen. Zumal, wenn sich die Inhaberstruktur oder das Füh- rungsmodell zum Beispiel aufgrund einer Nach- folge ändert.

Aktionärbindungsvertrag

Der Aktionärbindungsvertrag kann formlos geschlossen werden und somit schriftlich oder mündlich sein. Jedoch empfiehlt sich, ihn schrift- lich abzuschliessen. Er regelt allfällige Übertragungsbeschränkungen, Stimmrechtsbindungen, Preisbestimmungsmechanismen, die Gewinnver teilung, Patt-Klauseln sowie allfällige Konventio- nalstrafen. Der Vertrag soll auf 15 bis 20 Jahre abgeschlossen und jährlich überprüft werden.

Praxistipps für eine «geeinte» Familie

Man kann noch so genau planen und noch so viele Verträge abschliessen oder Regeln definie- ren – viel wichtiger ist es sicherzustellen, dass die Familie geeint ist und gemeinsam etwas erreichen will.

Wer ist Familie? Nur schon diese Frage kann zu Diskussionsbedarf führen. Klarheit über indivi- duelle Rollen, Verantwortlichkeiten und Priori- täten geben Orientierung und können Konflikte vermeiden. Abseits der formalen Erfordernisse können die folgenden Praxistipps helfen, Untie- fen zu umschiffen und die Familie in den siche- ren Hafen zu navigieren.

NextGen wünscht sich oft objektivere/interessenbefreite Unterstüt­ zung in der Entwicklung und Anhörung ihrer Ziele und Prioritäten.

fessionelles Agieren. Weiter soll die Familie kon- solidiert auftreten und sich kontinuierlich wei- terentwickeln.
Die Familie gilt als mächtigste Ressource im Unternehmen, diese gilt es zu nutzen. Der Family-Governance-Prozess gehört somit zu den Hauptaufgaben. Er schafft klare Antworten auf zentrale Fragen wie: Welchen Wert erbrin- gen wir als Familie? Wohin wollen wir mit unse- rem Unternehmen? Wo stehen wir mit unserem Finanzkapital? Welche Pläne haben die einzel- nen Aktionäre und Familienmitglieder? Erfahrungen zeigen, dass Anspruchsgruppen wie (potenzielle) Mitarbeiter, Kunden oder Finanz- partner Wert auf professionelle und robuste Füh- rungsstrukturen legen. Während diese Instru- mente für die Unternehmensführung meist vorhanden sind, fehlen sie oft in der Familie. Ab einer gewissen Grösse und Komplexität der Unternehmung empfiehlt es sich, dass sich eine Familie Regeln gibt – insbesondere dann, wenn mehrere Generationen oder Familienmitglieder ihren Beitrag erbringen sollen.

Die Elemente von guter Family Governance

Gute Family Governance ist dann erreicht, wenn die Familienmitglieder ein gemeinsames Ver- ständnis über die familiäre, unternehmerische sowie damit verbundene finanzielle Stossrichtung entwickelt haben und ihr Engagement danach ausrichten. So dienen Massnahmen und Instru- mente dazu, die Identität zu stärken und Konflik- ten vorzubeugen. Zu den zentralen Instrumenten einer Family Governance zählen:

Familienrat

Er ist das steuernde Gremium und zählt idea- lerweise nicht mehr als sieben Mitglieder. Er

übernimmt die Organisation sowie Koordi- nation innerhalb der Familie und legt die Brü- cke zum Unternehmen, indem Mitglieder bei- spielsweise als Verwaltungsrat agieren. Oft sind im Rat Familienstämme und Generatio- nen vertreten.

Familientreffen

Sie dienen dem Austausch sämtlicher Fami- lienmitglieder – Gesellschafter und Nichtgesell- schafter. Ein- bis zweimal jährlich trifft man sich, um über aktuelle Entwicklungen zu spre- chen und die Weiterbildung zu ermöglichen. Familienspezifische Aktivitäten wie Werksbe- sichtigungen oder eine Wanderung eignen sich besonders. Wichtig ist eine klare Agenda über anstehende Prioritäten, damit sich wertvolle Familienzeit effektiv nutzen lässt.

Familienverfassung

Die Familienverfassung ist eine Art Fundament. Sie legt Werte und Verhaltensgrundsätze sowie Regeln zur Entscheidungsfindung (beispiels- weise Mitgliedschaft und Nachfolge) fest. Weiter kann sie den Umgang im Konfliktfall regeln. Zwar enthält sie keine rechtliche Verpflichtung, durch die gemeinsame Entwicklung entsteht jedoch eine moralische Bindung.

Eignerstrategie

Die Eignerstrategie ist das Bindeglied zur Unternehmensstrategie. Während letztere ein Unternehmensziel vorgibt und den Weg dorthin beschreibt, erfüllt die Eignerstrategie dieselbe Funktion für Inhaberschaft und Familie. Sie defi- niert den Kern der Unternehmensstrategie und stellt damit in den wesentlichen Punkten das Leitbild für die Tätigkeit der Verwaltungsräte dar. So legt sie etwa fest, wer beteiligt sein darf, und regelt unter anderem Fragen wie diese: Welche Ziele verfolgen die Eigentümer? Welche Vorga-

Das Fazit: Familien und Unternehmensinteressen aufeinander abstimmen

In Abgrenzung zu nicht familiengeführten Unter- nehmen ist dem System Familie besondere Aufmerksamkeit zu schenken – Gleiches gilt aufgrund der unkündbaren Rolle als Familien- mitglied auch für das System Individuum (vgl. Abbildung 1). Oftmals liegt bei der Planung der Fokus auf dem Unternehmen und dessen Erhalt bzw. Weiterentwicklung. Nicht selten indes wird das Geschäftsgebaren durch zu wenig aufeinander abgestimmte Interessen der Familienmitglieder gebremst. Das Zusammenbringen der

Systeme Familie und Individuum sowie die kohärente Ausrichtung auf Kapital- und Unternehmensfragen ist daher unausweichlich. Schliess lich stehen Familie, Unternehmen und Kapital auf dem Spiel – also alles.

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